Die Ursünde aus der verbotenen Frucht selbst herzuleiten, führt in die Irre. Die Tradition, in der verbotenen Frucht einen Apfel zu sehen, stammt aus dem Westen des Christentums. Das lateinische Wort – Malus – bedeutet Apfelbaum. Das lateinische Wort – Malum – hingegen, wird mit dem Bösen, dem Übel übersetzt. Gut möglich, dass die lateinischen Übersetzer daraus ein Wortspiel gemacht haben und so der Apfelbaum zu einem der beiden verbotenen Bäume des Paradieses geworden ist. Letztendlich spielt es aber keine große Rolle, was Adam und Eva da verspeist haben. Tiefer geht die Analyse über die wahre Identität der Ursünde.
Der Baum und die Schlange
Gut und Böse erkennen wird in der Bibel als umfassender Ausdruck verwendet, um ähnliche Fähigkeiten zu erlangen, die Gott selbst hat. Nach biblischem Verständnis bedeutet erkennen auch, Macht zu erlangen. Die Schlange in der Schöpfungsgeschichte verführt also Adam und Eva dazu, sich Macht anzueignen. Doch ist das Erkennen von Gut und Böse wirkliche Macht? Oder besteht diese angebliche Macht nur aus einer Illusion?
Stelle dich doch selbst einmal auf die Probe. Wie oft hast du in deinem Leben etwas als gut bewertet und musstest hinterher eingestehen, dass es vielleicht doch nicht so war. Wie oft hast du in deinem Leben etwas als schlecht angesehen und musstest nach gewisser Zeit einräumen, dass am Ende gerade dieses scheinbar Schlechte alles zum Guten gewandt hat? Wie oft hattest du Recht, wie oft hast du dich geirrt? Sei ehrlich zu dir selbst. Du wirst feststellen, dass deine Trefferquote bezüglich Gut und Böse im Schnitt bei ca. 50% liegen wird. Das hängt damit zusammen, dass in einer immer komplexer werdenden Welt es fast kein Schwarz oder Weiß mehr gibt. Entscheidungen werden aus dem Nebel des Grau getroffen. Ob sie sich am Ende als gut oder schlecht herausstellen, wird immer mehr zu einer Art Glücksspiel, in der das Ergebnis abhängig ist von der Anzahl der gegebenen Möglichkeiten.
Insofern kann man getrost sagen, dass Adam und Eva mit der verbotenen Frucht nicht wirklich die Fähigkeit erlangten, Gut und Böse unterscheiden konnten. Vielmehr müssen wir sagen; bildeten sie sich lediglich ein, Gut und Böse unterscheiden zu können. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Gut und Böse unterscheiden zu können ist letztendlich nur eine Illusion. Eine Illusion, die von der Schlange ausgehend den Menschen bis heute ins Verderben treibt. Was der eine als gut empfindet, erachtet ein anderer als schlecht. In der Folge entstehen Streit, Gewalt, Beziehungen zerbrechen, ja ganze Kriege entstehen aus der unterschiedlichen Betrachtung, besser gesagt Bewertung zwischen Gut und Böse. Die Schlange hat dem Menschen also etwas gegeben, mit dem er nicht wirklich etwas anfangen kann. Warum?
Worin besteht die Ursünde?
Ist das nun alles, warum Gott die Menschheit aus dem Paradies geworfen hat? Oder gibt es vielleicht noch einen anderen Grund? Schließlich könnte man ja sagen, dass die Verfehlung einiger nicht zur Bestrafung gleich aller führen sollte. Nun, wir leben in einer gefallenen Welt. Jeder von uns wird früher oder später immer wieder dazu gezwungen sein, zwischen Gut und Böse zu unterscheiden. Da kommen wir nicht darum herum. Daraus folgernd wird jeder von uns in seinem Leben Fehleinschätzungen vornehmen und sich irren. Daran können wir nichts ändern. Es gibt jedoch noch einen weiteren Punkt, den wir sehr wohl verändern können.
Gott hat seine Geschöpfe aus Liebe heraus geschaffen. Gott ist Liebe. Er liebt uns und ruft es uns jeden Tag zu. Der freie Wille, den er uns gegeben hat in Kombination mit der Fähigkeit zu unterscheiden, versetzt uns eben auch in die Lage, uns von Gott bewusst abzuwenden oder sich ihm zuzuwenden. Egal wie sehr er uns auch liebt, wir entscheiden, ob wir ihn ebenfalls lieben oder nicht. Der liebevollste, treueste und fürsorglichste Ehemann der Welt kann nichts daran ändern, wenn seine Frau ihn nicht liebt. Hier liegt die wahre Ursünde der Menschheit, in der freien Entscheidung, Gott abzulehnen. Gott abzulehnen und sich stattdessen etwas anderem zuzuwenden. Götzendienst also. Die Wahrheit, das Leben und das Licht abzulehnen und sich stattdessen einer toten Illusion hinzugeben, ist die eigentliche Ursünde, derer sich nicht nur Adam und Eva ausgesetzt haben. Auch heute noch, vielleicht drängender denn je, entscheidet jeder einzelne von uns. Die Entscheidung für oder gegen Gott ist die elementare Lebensentscheidung. Eine Entscheidung, in der jeder einzelne in seinem Leben darüber bestimmt, ob er die Ursünde wiederholt oder sich aus freiem Willen Gott anschließt.